Apotheken benötigen dringend Notprogramm

(Magdeburg, 12. Januar 2024). „Bleiben Sie beieinander. Lassen Sie keine Partikularinteressen entstehen.“ Mit diesen Worten wandte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff an die Ärzte und Apotheker seines Bundeslandes. Hintergrund war der von den Apothekern ausgerichtete Neujahrsempfang der Heilberufler in Sachsen-Anhalt. Der gemeinsame Empfang von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Psychotherapeuten und Apothekern fand am 10. Januar 2024 in Magdeburg statt. Die heilberuflichen Professionen organisieren diesen bereits seit Jahren. Gerade zu Beginn dieses Jahres wird deutlich, wie sehr sich die Probleme gleichen, mit denen die Heilberufe kämpfen.

Da ist einerseits der Personalmangel, der Praxen und Apotheken sterben lässt. Da sind andererseits aber auch die fehlende auskömmliche Finanzierung der heilberuflichen Leistungen sowie die überbordende Bürokratie, die sich durch alle Bereiche durchzieht. „Alle diese Faktoren führen zu einer immer schlechteren Versorgung unser Patienten im Land. Die Bürokratie raubt uns mittlerweile fast ein Viertel unserer Arbeitszeit. Diese fehlt uns für unsere Patienten in den Arztpraxen und Apotheken. Hier können wir nur gemeinsam mit der Politik und den Krankenkassen Abhilfe schaffen. Das muss zügig geschehen. Absichtserklärungen helfen uns nicht weiter“, forderte Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, umgehende Unterstützung.

Ministerpräsident Dr. Haseloff führte anschließend auf, dass 80 Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt im ländlichen Raum wohnen und adäquat versorgt werden müssen. „Bei dieser Aufgabe werden wir sie unterstützen. Diese Themen sind bei der anstehenden Ostministerpräsidentenkonferenz ganz oben auf der Agenda. Dort werden wir mit Bundesgesundheitsmister Lauterbach Lösungen erörtern und mit ihm diese Problematik auf den Punkt bringen. Wir haben in den östlichen Bundesländern einen Transformationsstress durch den starken Geburtenrückgang nach 1990, den es nun dringend zu bewältigen gilt.“

Ebenso betonte der Ministerpräsident, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer mehr versicherungsfremde Leistungen aus dem Topf der Gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt wurden. Mittel, die jetzt der Patientenversorgung fehlen. „Es ist nicht einfach, ein humanistisches System eines Sozialstaates, einerseits nicht staatlich, sondern quasi simulierend marktwirtschaftlich, zu organisieren und trotzdem die ganzen ethischen Komponenten auf hohem Niveau zu erhalten. Finanziert aus einem Etat, der klar gebunden ist an die Einzahlungen der sozialversicherungspflichtigen Bevölkerung. Wenn daraus Leistungen erbracht werden sollen, die andere Gruppen mit einbezieht, muss dafür die Politik Ausgleichslösungen finden.“

Eine zukunftsfeste Honorierung der Apotheken forderte Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt e.V. Nach zwanzig Jahren Stillstand in der Vergütung hängen die Apotheken am Tropf. „Wir laufen auf einen Bankrott zu. Ein Drittel der Apotheken können heute nicht mehr rentabel arbeiten. Damit ist die qualitativ hochwertige Versorgung akut gefährdet. Wir brauchen jetzt ein Notprogramm. Die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung durch die Apotheke ist eine staatliche Aufgabe, weshalb unsere Honorierung durch den Staat festgelegt wird. Darum muss der Staat auch für eine auskömmliche Situation sorgen, damit wir diese Aufgabe erfüllen können.“

Selbst wenn in Politik und Verwaltung viele in der Digitalisierung und der Nutzung der Künstlichen Intelligenz (KI) große Chancen sehen, ist diese nicht die Lösung für die Apotheken, insbesondere wenn der Patient Hilfe sucht. Dann ist die direkte Kommunikation mit Arzt und Apotheker unverzichtbar. Gerade in den Apotheken sollte die digitale Welt weiterhin im Hintergrund ablaufen. Arnold: „Im Vordergrund steht das vertrauensvolle und offene Patientengespräch, mit Empathie und Menschlichkeit durchzogen. Digitalisierung entfremdet. Wir können Menschen helfen, wenn Sie uns vertrauen. Denn wir kommunizieren mit ihnen auf Augenhöhe, beraten sie individuell zu ihren Arzneimitteln und erklären ihnen die richtige Einnahme oder Anwendung.“

Prof. Hermann Wätzig vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Chemie der Universität Braunschweig gab in seinem Festvortrag einen kurzweiligen Überblick über den Einsatz der Künstlichen Intelligenz. Er prophezeite, dass der Mensch viele Tätigkeiten verlernen wird. Aber die KI werde dennoch nicht den Menschen ersetzen können, da sie nicht eigenständig denken kann, sondern ausschließlich Algorithmen folgt. Im System brauche es jedoch denkende Menschen. Darum werde sich der Einsatz der KI in der Medizin für standardisierte Verfahren eignen. Doch das vertrauensvolle Gegenüber werde sie vorerst nicht ersetzen können.

Foto: v.l.n.r.: Mathias Arnold, Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration, Petra Grimm-Benne und Dr. Jens-Andreas Münch
(Quelle: AKSA/Kühne)

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:
Katrin Pohl, Journalistische Kommunikation, Tel.: 0391 - 8 111 222, Mobil: 0171 - 757 02 06