Welchen Beitrag können Ärzte und Apotheker für den Klimaschutz leisten?

Interprofessionelle Fortbildung „Folgen des Klimawandels“

Magdeburg, 07. September 2023. Was hat Klimawandel mit Ärzten und Apothekern zu tun? Wie sich herausstellte, ziemlich viel. „Krankenhäuser verursachen einen großen CO2-Fußabdruck. So fällt bei Operationen viel Müll an und das zu Narkosezwecken verwendete Lachgas trägt zum Treibhauseffekt bei“, erklärte PD Dr. Jens Walldorf, Facharzt für Innere Medizin am Universitätsklinikum Halle, anlässlich einer interprofessionellen Fortbildung von Ärzte- und Apothekerkammer Sachsen-Anhalt zum Thema „Folgen des Klimawandels“. Das Thema fand großen Zuspruch, denn nicht nur vor Ort, sondern auch von zu Hause an den Bildschirmen konnte die Fortbildung am 2. September 2023 in Halle verfolgt werden.

Wegen möglicher Klimabelastung z.B. auf Operationen zu verzichten, ist natürlich keine Option. Jedoch ließen sich im Kleinen viele Einsparungen erreichen, die in Summe zu spürbar mehr Nachhaltigkeit beitragen. So sollten, soweit möglich, umweltverträgliche Narkosegase verwendet werden. Überlegenswert sei es zudem, die zahlreich verwendeten Einmalinstrumente wieder durch Mehrwegmaterialien zu tauschen. In manchen Fällen könnten CT-Untersuchungen durch Sonografie ersetzt werden. Das kann laut Dr. Walldorf umwelttechnisch Ressourcen schonen. Diverse Kleinigkeiten ergeben so in Summe spürbare positive Effekte. Das setze allerdings auch eine erweiterte Sichtweise auf die sich daraus resultierenden Kosten voraus.

Bei Arzneimitteln spielt die Abfallreduzierung eine wichtige Rolle. Zunächst sollte der Entstehung von Arzneimittelmüll entgegengewirkt werden. Seitens der Industrie könnten erweiterte Untersuchungen zur Stabilität vorgenommen werden. In vielen Fällen reicht möglicherweise eine Verlängerung der Laufzeit, um unnötigen Verwurf zu reduzieren. Bei zunehmenden Temperaturen würde eine Anpassung der Lagertemperatur über die derzeit vorgeschriebenen 25 Grad Celsius hinaus Transport und Lagerung erheblich vereinfachen. Muss dann doch ein Arzneimittel entsorgt werden, dann solle dies über den Hausmüll erfolgen. Ein fachgerechtes Verbrennen oder das Verbringen der Arzneimittel auf abgesicherten Deponien sei dann sichergestellt.

Klimawandel und die Auswirkungen auf die Arzneimitteltherapie beleuchtete Apotheker Dr. Dirk Keiner vom Sophien- und Hufeland-Klinikum gGmbH in Weimar. Er brachte zahlreiche Fallbeispiele mit, welchen Einfluss Hitze auf die Patientenmedikation hat. „So können Schmerzpflaster unter extremer Wärme ihre Wirkung gefährlich verstärken“, informierte er. Und ergänzte: „Ein Insulinpen darf nie der Hitze ausgesetzt werden. Sonst verliert das Insulin seine Wirkung. Darum sollte dieser besser in einem Thermosbehälter lagern.“ Auch könne laut Dr. Keiner das Abwasser erheblich entlastet werden, wenn Reste eines äußerlich aufgebrachtem Schmerzgels erst mit einem Papiertuch von den Händen abgewischt wird und dieses in den Müll geworfen wird. Erst danach sollten die Hände gewaschen werden.

Welche Strategien gibt es nun, mit zunehmenden Hitzeperioden umzugehen und welchen Einfluss hat das auf die Therapie der Menschen? Es gilt künftig verstärkt Patienten zu identifizieren, die durch ihre Erkrankung bei anhaltender Hitze besonders gefährdet sind. Bei ihnen ist in der Beratung besonderes Augenmerk auf präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsschäden zu legen. Bei hohen Temperaturen ist die Trinkmenge anzupassen, selbst bei Patienten, die weniger trinken sollen. Darüber müssen die Betroffenen informiert werden. Und auch darüber, wie sich beispielsweise Hochdruckpatienten bei Wärme verhalten sollen.

Selbst die Medikation muss in einigen Fällen an das Klima angepasst werden, um Schäden oder sogar Krankenhauseinweisungen zu minimieren. Hier spielt insbesondere der enge Kontakt zwischen Arzt, Apotheker und Patient eine wichtige Rolle. Ärzte müssen gegebenenfalls Therapien anpassen. „Wir Apotheker können informieren und haben dabei die Wechsel- und Nebenwirkungen im Blick, die häufig bei Hitze auftreten können. Ebenso beraten wir zu Lagerung und Anwendung der Arzneimittel“, informierte Dr. Lars-Alexander Mohrenweiser, Vizepräsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt.

Thematisiert worden ist zudem, dass bei neuen Rabattverträgen der Krankenkassen Umweltaspekte eine stärkere Rollen spielen sollen. Dieses Thema ist künftig in politischen Diskussionen mit einzubinden.

Es gab viele Denkanstöße, gute Ideen und Perspektiven, die in die Praxis einfließen können. Denn wie festgestellt worden ist, hat die Erde Fieber und benötigt einen Therapieplan. Dieser muss flexibel sein und sich den jeweiligen Temperaturen anpassen. „In diesem Sinne hoffe ich, dass wir weiter gemeinsam an einem Strang ziehen und in der engen Verzahnung von Ärzten und Apothekern einen wesentlichen Beitrag leisten können. Wir haben viele Optionen in der Therapie unserer Patienten. Dafür müssen wir nur sensibel bleiben“, resümierte Dr. Mohrenweiser.


Fotos:
Dr. Lars-Alexander Mohrenweiser
Teilnehmende (Quelle: AKSA/Münch)

      

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